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Aldi, Lidl und Co. Europäische Handelsketten erwägen Boykott brasilianischer Produkte

Illegale Rodungen zerstören den brasilianischen Regenwald. Europäische Supermarktketten drohen nun mit dem Stopp der Lieferbeziehungen – falls Brasilien ein Gesetz zur Legalisierung von Landraub verabschiedet.
Illegale Rodung von Regenwald in Brasilien im Sommer 2020

Illegale Rodung von Regenwald in Brasilien im Sommer 2020

Foto: Carl de Souza / AFP

Im brasilianischen Pantanal wüteten 2020 die schlimmsten Brände seit Jahrzehnten. Trotzdem will Brasiliens Regierung noch immer ein Gesetz verabschieden, das die Landnahme durch Farmer nachträglich legalisieren soll. Nicht nur Umweltschützer fürchten deshalb weitere Rodungen: Dutzende große europäische Handelsketten haben sich nun zusammengeschlossen, um die Verabschiedung der Pläne noch zu verhindern.

»Im vergangenen Jahr haben wir mehrere Umstände wahrgenommen, die zu einer extrem hohen Anzahl von Waldbränden und Abholzung in Brasilien geführt haben«, heißt es in dem offenen Brief  an den nationalen Kongress. Unterzeichnet ist er von insgesamt 40 Unternehmen, darunter Aldi Süd, Lidl, Metro, Migros, Sainsbury und Tesco. Der Amazonas sei Teil des globalen Ökosystems und müsse geschützt werden. Das diene auch dem Schutz des Planeten.

Ähnliche Aktion britischer Supermärkte 2020

Der Gesetzentwurf sei für den Amazonas potenziell »eine noch größere Bedrohung«. Deshalb drohen die Unterzeichner dem Land: »Wenn diese Maßnahme verabschiedet wird, haben wir keine andere Wahl, als unsere Unterstützung und Nutzung der brasilianischen Lieferkette zu überdenken.« Die Konzerne appellierten an die vom Rechtspopulisten Jair Bolsonaro geführte Regierung, auf die Pläne zu verzichten.

Sollte das Gesetz oder eine ähnliche Regelung angenommen werden, könnten die Unternehmen sämtliche Produkte aus dem südamerikanischen Land auslisten. Das hätte einschneidende Folgen: Brasilien gilt als bedeutender Exporteur von Rindfleisch, Soja und Kaffee nach Europa. Ein Boykott könnte die Preise steigen lassen.

Britische Supermärkte hatten mit ähnlichen Schritten bereits im Mai 2020 gedroht, nun sind die Gesetzespläne wieder aktuell – und immer mehr Unternehmen beteiligen sich daran. Dabei ist das Problem nicht kleiner geworden: Ende 2020 hatte die Bundespolizei im Bundesstaat Pará eine Rekordmenge illegal gefällten Holzes sichergestellt – 131.000 Kubikmeter, entsprechend 6243 Lkw-Ladungen. Im Schnitt wurden vergangenes Jahr mehr als 4000 Fußballfelder Regenwald pro Tag abgeholzt.

Noch ist offen, ob und wie Staatschef Bolsonaro auf das Schreiben reagiert. In der Vergangenheit hatte er sich immer wieder für eine Ausweitung der Landwirtschaft ausgesprochen. Kritik an seiner Umweltpolitik tat er als unangemessene Einmischung ab. Er gilt als eng mit der Agrarlobby verbündet und hatte bereits die Verantwortung des Menschen für den Klimawandel angezweifelt.

Trotz dieser verfahrenen Situation schreiben die Unternehmen, die Türen für eine Zusammenarbeit stünden weiterhin offen. Die Abstimmung über das Gesetz wird in den kommenden Tagen erwartet.

apr
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